Samstag, 5. November 2005

Die Vorleserin

60-70 Leute im vollbesetzten Hörsaal und man kann eine Stecknadel fallen hören. Vorne sitzt eine Kommilitonin und referiert über Liebe und Sexualität in der Literatur der letzten 200 Jahre. Gerade liest sie eine Passage aus Lady Chatterley's Lover von David Herbert Lawrence. Neben mir sitzt meine Wüstenblume und lächelt halb verlegen und halb entzückt über den vorgelesenen Text, in dem die Empfindungen der Protagonistin während des Geschlechtsverkehrs hochpoetisch beschrieben werden. Wir sitzen nah beieinander, in einer der letzten Reihen ganz innen an der Wand. Meine Hand berührt leicht ihr Knie. Wir lehnen uns ein wenig aneinander, doch als sie merkt, dass wir von hinten beobachtet werden können, geht sie wieder etwas auf Distanz.

Dies tut meinem Genuß aber kaum Abbruch, denn das gesamte Referat ist eine unerwartet lustvolle Abwechslung vom Uni-Alltag. Ich betrachte die Kommilitonin, die mit großem Engagement ihr Referat hält. Nun liest sie einen Text von Henry Miller vor, der im Gegensatz zu dem vorherigen eine sehr explizite, teils vulgäre Sprache enthält. Ich schaue der Vorleserin genau ins Gesicht: keine Regung, vor allem kein Anflug von Scham in den Gesichtszügen oder in der Stimme, die fest und sorgsam artikuliert den Saal erfüllt. Nun hebt sie einen Zeigefinger und liest noch etwas betonter als zuvor: "Ihre Spalte war so nass, dass ihr schon der Kleister die Beine herunterlief - man hätte ein Dutzend Plakate damit kleben können." Millers eher ungeile Assoziationen stören mich kaum, die Vorleserin ist längst in den Mittelpunkt meiner Aufmerksamkeit gerückt: ihre gelassene, sichere Miene, die offenbar wohlgeformten Brüste, die sich unter ihrem Pullover abzeichnen, die schlanke, gefällig proportionierte Figur - dieser äußerliche Eindruck verschmilzt nun mit dem ungewöhnlichen intellektuellen Erlebnis dieses Referates und ich erlebe erstmals im wahrsten Sinne des Wortes die "erotische Universität".

Intellektualität ist eben auch sexy. Dich, Vorleserin, und Dich, süße Wüstenblume, ich will Euch jetzt beide. Ihr seid so unterschiedlich: die eine sehr sicher im Auftreten und so entschlossen wirkend, die andere eher schüchtern und meistens verschlossen. Ich will von diesen scharfen Kontrasten geblendet werden, von dieser Spannung elektrisiert werden, ich will Eure Hände, Eure Lippen, Eure Haut spüren. Du, Vorleserin, sollst mir Deine Lust ins Ohr hauchen, und Du, Wüstenblume, sollst frei sein und Dich fallen lassen, lasse Dich fallen in meine Arme und wir mögen miteinander verschmelzen, bis wir den Gipfel erklimmen und sich mein weißer Liebessaft auf Deine braune Haut ergießt.

Gerne würde ich die Vorleserin noch loben, doch sie spricht noch mit dem Professor. So gehen Wüstenblume und ich nach der Veranstaltung nach draussen, laufen noch ein Stück gemeinsam, dann zarte Abschiedsküsse und ein "Bis bald!".


Stichwörter: Uni Referat Kommilitonin erotisch Fantasie

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